Was ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt?

Autor*in:  | 7. April 2024

Gable, S., Impett, E., Reis, H. & Asher, E. (2004)

Leitartikel: What Do You Do When Things Go Right? The Intrapersonal and Interpersonal Benefits of Sharing Positive Events.

Auf die Titelfrage liefert der folgende Artikel eine Antwort.

In stressigen Zeiten oder nach Konfliktsituationen neigt ein Großteil der Menschen dazu, sich an das soziale Umfeld zu wenden, um Unterstützung zu erhalten. Die Forschung konnte zeigen, dass die Verfügbarkeit sozialer Unterstützung positive Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Unterstützungssuchenden hat. Es kann dabei davon ausgegangen werden, dass das Teilen negativer Ereignisse dem Einzelnen dabei helfen kann, das Geschehene schneller zu „überwinden“ – ganz nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid.“

Was bisher jedoch nur wenig erforscht ist, sind die Auswirkungen von sozialer Unterstützung und Rückmeldungen nach dem Eintreten positiver Ereignisse. Diese Lücke in der Forschung ist vermutlich zurückzuführen auf den weit verbreiteten Irrglauben, „das Schlechte stärker ist als das Gute“ (Baumeister, Bratslavsky, Finkenauer & Vohs, 2001). Doch genau hier setzt die Positive Psychologie an.

Tatsächlich ist es nach einem glücklichen Ereignis sehr häufig der erste Impuls, nahestehende Personen zu kontaktieren, um die Neuigkeiten mitzuteilen. Dieses Teilen von Glück ist verbunden mit einer noch verstärkten Zunahme des vorherigen positiven Affekts, sowie langfristig mit einer gesteigerten Lebenszufriedenheit.

Noch verstärkt wurde dieser Effekt, je enger die Beziehung war und je eher die Eindruck bestand,  dass die andere Person aktiv und konstruktiv reagierte. Die Wahrnehmung, dass ein enger Beziehungspartner enthusiastisch auf geteilte Erlebnisse entgegnet, ging einher mit einem höheren Beziehungswohlbefinden und einer höheren Beziehungsqualität (zum Beispiel Intimität, tägliche Zufriedenheit in der Ehe).

Verschiedene Mechanismen könnten für den positiven Effekt des Teilens von positiven Ereignissen verantwortlich sein.
Ein möglicher Ansatzpunkt ist das erneute Durchleben, welches durch das Erzählen des Geschehens ermöglicht wird. Die Erfahrung kann dadurch verlängert und verbessert werden, indem die Bedeutung und Zugänglichkeit im Gedächtnis gesteigert wird. Falls dies der Fall ist, sollten positive Ereignisse, die mit anderen geteilt werden, im Gedächtnis besser haften bleiben als solche, die nicht geteilt werden.

Ein anderer möglicher Mechanismus hat einen eher zwischenmenschlichen Charakter. Das Teilen von Ereignissen mit anderen baut möglicherweise soziale Ressourcen auf, indem es positive soziale Interaktionen fördert, die sich wiederum verstärken und Beziehungen stärken können (Gable & Reis, 2001). Das Teilen positiver Nachrichten löst hier vielleicht das Gefühl aus, dass andere sich für einen freuen. Dieser Prozess könnte das Selbstwertgefühl steigern und es ermöglichen, sich selbst positiv in den Augen anderer wahrzunehmen. Auch Stolz könnte hier eine große Rolle spielen.

Dieser Effekt setzt jedoch voraus, dass die Reaktion des Zuhörers als positiv empfunden wird – als Anerkennung und Bestätigung der guten Nachricht. Destruktivere Reaktionen, wie das Herunterspielen von Erfolg oder das Hervorheben der Kehrseite eines positiven Ereignisses können die positive Wirkung des eigenen Glücks beeinträchtigen oder sogar umkehren.

Eine mögliche Erklärung für die positiven gesundheitlichen Auswirkungen des Teilens positiver Ereignisse stammt aus einer Studie von Labott, Ahleman, Wolever und Martin (1990). Die Autoren berichteten, dass das Immunsystem der Teilnehmer eine erhöhte Aktivität zeigte, wenn sie ein fröhliches Video ansahen, jedoch nur dann, wenn sie angewiesen wurden, ihre Emotionen vor anderen Personen auszudrücken.

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